Shrinking Car Citiy wird im Rahmen der Austellung Dynamik und Wandel. Entwicklung der Städte am Rhein ausgestellt in der Liebfrauenkirche in Duisburg (9 September zum 13 Oktober 2013).
Die Austellung Dynamik und Wandel. Entwicklung der Städte am Rhein ist organisert durch das Museum für Architektur und Ingenieurkunst NRW.
Ausstellung Zukunfts Blick @ Museum für Architektur und Ingenieurkunst NRW, Köln, 9 September-13 October 2013
Publikation @ german-architects.com, September 2013
Ein Blick
in
die Zukunft
Städte als Klimakiller oder Hoffnungsträger ?
Zurzeit entwickelt sich ein Wettrennen in der Entwicklung von schnell beschleunigenden Elektroautos. Die elektrisch betriebenen Fahrzeuge finden v.a. im Hinblick auf Nachhaltigkeit Beachtung. Im Mittelpunkt steht daher zunächst ihre energetische Bilanz. Aber auch in städtebaulicher Hinsicht ergeben sich Chancen, wenn man es endlich wagt, die Elektromotoren nicht nur als technischen Fortschritt anzuerkennen, sondern auch als Anlass zu sehen, den Individualverkehr und somit auch den städtischen öffentlichen Raum neu zu definieren.
Das Auto schrumpft – und der öffentliche Raum der Stadt kann wieder wachsen!Der Klimawandel zwingt zu grundlegendem Umdenken und erfordert neue Handlungsstrategien. Insbesondere bei der Planung und Gestaltung unserer Städte. Denn heute lebt schon mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten. Diese Agglomerationen sind für einen großen Teil der Produktion des Treibhausgases CO2 verantwortlich und damit für die Erderwärmung.
Die Städte werden sich daher verändern müssen, ebenso das Leben in den Städten.
Der Klimarat der Vereinten Nationen (IPCC) sagt beim heutigen Emissionsausstoß eine globale Erwärmung um durchschnittlich 0,2 Grad pro Jahrzehnt voraus. Soll dieser Trend gestoppt werden, so muss der Verbrauch drastisch eingeschränkt werden.
Industrie- und Landwirtschaft, aber vor allem unser Alltagsleben treiben den Klimawandel voran: Ressourcen werden durch den täglichen Pendelverkehr, durch Heizen und Ernährung verbraucht. Die Herausforderung lautet: Nachhaltiges Handeln! Planung und Gestaltung und insbesondere das Leben in unseren Städten können dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Die Stadt sollte zu einem multifunktionalen Ort der kurzen Wege werden. Verdichtung, kompakte Baumassen, Grünschneisen, Vernetzung regenerativer Energiequellen, Gebäudetechnologien und neue Baumaterialien, all das sind Bausteine für eine nachhaltige Stadt. Die Lebensmittelproduktion muss in Europa wieder sehr viel stärker in die stadtnahen Regionen, teilweise sogar in die Städte zurückkehren.
In 1910 standen die Städte im Zeichen der Industrialisierung vor bis dahin unbekannten Herausforderungen. Sie haben Lösungen gefunden, die die Gesellschaft verändert und das Bild der Stadt gewandelt haben. Die Herausforderungen im Angesicht des Klimawandels sind groß, und der Zukunfts:Blick in dieser Ausstellung will für dieses komplexe Thema sensibilisieren.
Wie die Stadt von morgen aussehen wird, dazu wollen wir Denkanstöße geben.
Das
heutige
Auto
Das heutige Auto wurde aus der Kutsche heraus entwickelt und trägt immer noch deren genetische Kodierung. Es wird bis heute vor allem als ein großes Fahrzeug konzipiert, das eine Gruppe von Passagieren über längere Strecken befördert. Seine tatsächliche Nutzung im urbanen Kontext beeinflusste seine allgemeine Entwicklung jedoch lange kaum. Heute tun sich Chancen auf, das Auto dem tatsächlichem Bedarf anzupassen.
Es gilt, die Einschränkungen, die die neue Energietechnik – vor allem wegen der begrenzten Speicherkapazität der heutigen Batterie – mit sich bringt, in Tugenden zu verwandeln. Die geringere Reichweite elektrobetriebener Fahrzeuge lässt sich durch die Minimierung der Fahrzeuggröße ausgleichen und in einen Wettbewerbsvorteil ummünzen. Die geringere Komplexität der Elektromotoren ermöglicht es auch mittelständischen Quereinsteigern, neue Elektroautos zu entwickeln und herzustellen. Auf den Markt könnten so auch auf den urbanen Raum zugeschnittene Fahrzeuge kommen.
In diese Entwicklungen gehen auch die Erfahrungen mit kleinen Fahrzeugen ein, die seit einigen Jahren angeboten werden und die dem Fahrverhalten innerhalb der Stadt besser entsprechen – das heißt, dass sie für kurze Touren in niedriger Geschwindigkeit mit meistens einem Passagier geeignet sind. Diese Minimierung der Fahrzeuggröße wird spätestens dann zum weiteren Wettbewerbsvorteil, wenn der Fahrer in der verkehrsdichten Innenstadt einen Parkplatz findet, ohne dafür aufwändig suchen zu müssen. Der Übergang vom elektrisch betriebenen Rollstuhl zum Elektro-Kleinwagen verläuft gleitend. Das urbane Auto schrumpft.
Urbane
Vernetzungen
Die Einführung des elektrischen Antriebs läuft parallel zu anderen technologischen Entwicklungen, nämlich der Medialisierung, Digitalisierung, Robotisierung und Vernetzung. Dabei unterstützt die digitale Vernetzung eine ressourcenschonende Mobilität.
Die Kombination von physischer und medialer Mobilität kann die Anzahl der tatsächlich zurückgelegten Reisen reduzieren. Der Einsatz von vernetzten mobilen und digitalen Diensten kann darüber hinaus ein Mittel sein, um für die immobileren Teile der Bevölkerung – vor allem in ländlichen und schrumpfenden Regionen – Lebensqualität zu sichern. Diese kombinierten mobilen und medialen Dienstleistungen können vom Videounterricht bis zur medial-unterstützten Kommunikation mit dem Krankenhaus reichen. Dank der Vernetzung von physischer Mobilität und digitalen Netzwerken ist auch einer alternden Bevölkerung im ländlichen Raum die Teilnahme am öffentlichen Leben möglich.
Zusätzlich lassen sich Ressourcen schonen, wenn die digitale Vernetzung jene multimodalen Mobilitätssysteme unterstützt, die den motorisierten Individualverkehr an öffentliche Verkehrsmittel wie Busse, Bahnen und (Elektro-)Fahrräder koppeln. Nicht zu vergessen die Car-Sharing-Dienste, die durch die organisierte gemeinschaftliche und somit effektive Nutzung der Fahrzeuge deren Energieeffizienz erhöhen. Mit intelligenten Netzsystemen lässt sich die Abwicklung für den Nutzer in puncto Wahlmöglichkeiten, Kommunikation und Reservierung genauso erleichtern wie für den Anbieter in Sachen dynamischer Abrechnung. Das macht Car-Sharing-Dienste attraktiver.
Zurzeit nimmt die Akzeptanz solcher Dienste zu. Auch einige große Autohersteller bieten seit neuestem derartige Mobilitäts-Dienstleistungen an. Beim Car-Sharing wird kein Produkt bereitgestellt, sondern eine Dienstleistung. Dies entspricht einer allgemeinen Entwicklungstendenz des Marktes, die weg von der Bereitstellung von Objekten und hin zur Bereitstellung von Dienstleistungen führt. Jeremy Rifkin hat diese allgemeine Tendenz, dass der Zugang – anstelle des Eigentums – wichtiger wird, schon um die Jahrtausendwende ausführlich in seinem Buch „Age of Access“ beschrieben.
Wie erfolgreich die Einführung der Elektromobilität sein wird, hängt davon ab, wie mit der mangelnden Speicherkapazität der Batterien umgegangen werden kann. Dazu gehört es vor allem, ein zuverlässiges Versorgungsnetz aus Ladestationen aufzubauen.
Auch hier könnte die Lösung in der forcierten Vernetzung urbaner Systeme liegen, gerade wenn man die erneuerbaren Energien konzeptionell integriert. Die Batterien von Elektroautos könnten als externe Speichermedien im urbanen Energieversorgungssystem fungieren, indem sie die von den Zyklen und Launen der Natur abhängigen Überschüsse aus erneuerbaren Quellen aufnehmen, kurzfristig speichern und bei Bedarf wieder ins System einspeisen. Mit Wechselschaltungen könnte der ungleichmäßige Bedarf, der aus dem Lebensrhythmus der Städter resultiert, dynamisch in Echtzeit an das fluktuierende Angebot angepasst werden. Beide Systeme – das der Elektromobilität sowie das der Energieversorgung – würden sich gegenseitig stabilisieren.
So ließe sich nicht nur Energie aus regenerativen Quellen in Elektroautos einspeisen. Auch die Einführung von lokal gewonnenen sauberen Energien im Allgemeinen würde dadurch unterstützt. Das Elektroauto als Vehikel auf dem Weg zum postfossilen Zeitalter würde an Bedeutung gewinnen.
Mehr Raum
in der Stadt
Der vermehrte Einsatz von Elektroautos wird sich direkt positiv auf die Qualität des öffentlichen Raumes der Stadt auswirken, schließlich sind sie leiser und erzeugen – zumindest lokal – keine Abgase. Gleichzeitig lässt sich mit Größe und Anzahl der Fahrzeuge durch Elektrotechnik und Car-Sharing auch sowohl der vom fließenden als auch der vom ruhenden Verkehr beanspruchte Raum reduzieren.
Bei einigen der Modelle, die zurzeit entwickelt werden, sind die Elektromotoren an den Rädern des Fahrzeuges befestigt, was kleinere Wenderadien möglich macht. Diese minimierten Wenderadien könnten ebenfalls genutzt werden, um weniger Flächen für den motorisierten Verkehr vorzuhalten. Mit digital unterstützten und vernetzten Parksystemen ließen sich zudem Anzahl und Größe von Parkhäusern und -garagen reduzieren.
Die Einführung der Elektromobilität bedeutet also nicht nur weniger Lärm und höhere Luftqualität in den Städten. Sie kann auch mit sich bringen, dass der Straßenraum zugunsten von Fußgängern, von Freiflächen oder anderer Nutzungen zurückerobert wird. Neubaugebiete könnten dichter geplant und als urbanere Ensembles konzipiert werden – mit der dementsprechenden ökonomischen Relevanz.
All diese Chancen, die die Einführung der Elektromobilität unseren Stadtlandschaften bietet, eröffnen sich in einer Zeit, in der im Zuge ökologischer Bewusstseinsbildung unser Energiekonsum und unsere Lebensgewohnheiten im Allgemeinen in Frage gestellt und neu überdacht werden. Das heißt aber nicht, dass Elektromobilität automatisch diese Auswirkungen haben wird. Die Chancen müssen ergriffen und die Entwicklungen müssen gelenkt werden. Das Auto schrumpft – und der öffentliche Raum der Stadt kann wieder wachsen.
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