Zum Thema âmobility : immobilityâ waren im Rahmen der Swissbau eine Reihe internationaler Architekten und Vertreter aus der Politik und Wirtschaft zu Vortrag und GesprĂ€ch eingeladen.
Das Symposium sollte die traditionsreichen Basler ArchitekturvortrÀge erweitern durch einen neuen thematischen Fokus: die Verbindungen von Architektur und StÀdtebau mit den Informations- und Kommunikationstechnologien.
Publikation MobilitÀt und intelligente Umgebungen, Susanne Schumacher @ ETH Zurich, 29 Januar 2002
MobilitÀt
und
intelligente
Umgebungen
„Das Motto wurde in zwei Schwerpunkte aufgeteilt: am ersten Tag versuchten die Organisatoren unter dem Stichwort âDie vernetzte Stadtâ die Frage der verĂ€nderten Bewegung in Stadt und Raum zu stellen, wĂ€hrend der zweite Tag von der Suche nach âArchitekturtheorie und neue Praxis durch MobilitĂ€t und intelligente Umgebungenâ getragen werden sollte. Doch es zeigte sich im Verlauf der VortrĂ€ge, dass sowohl der Titel des gesamten Symposiums wie vor allem der AufhĂ€nger des zweiten Tages keine geeigneten operative Begriffe bildeten, bzw. durch die Referenten nicht abgearbeitet wurden. Sollte der Begriff der MobilitĂ€t zwar auf die âmechanische MobilitĂ€t des Industriezeitaltersâ rekurrieren und als Vergleichsmodell auf die âMobilitĂ€t der Informationen im 21. JahrhundertâĂŒbertragen werden, so wurde versĂ€umt, die historische Parallel zu ziehen bzw. zu fragen, ob das Begriffspaar MobilitĂ€t/ImmobilitĂ€t angewandt werden kann auf das PhĂ€nomen der medialen PrĂ€senz an verschiedenen Orten und den daraus sich verĂ€ndernden stĂ€dtischen und architektonischen Formen und Konzepten.
Die BeitrĂ€ge waren gut aufeinander abgestimmt: beginnend mit einem allgemeinen âsetting the sceneâ durch William Mitchell, der dankbar unter dem Titel âE-topia. Cities in an Wireless Worldâ Formen und Funktionen von StĂ€dten im digitalen Zeitalter darstellte, reichten die BeitrĂ€ge von Werkberichten der Architekten ĂŒber aktuelle Forschungsunternehmungen von Instituten bis hin zu visionĂ€ren Zukunftsperspektiven oder kritischen Hinterfragungen von Theoretikern.
Der Einsatz des Computers fĂŒr die Neuorganisation von Planung, Gestaltung und Bau von Architektur hat sich in zwei sehr unterschiedlichen Formen gezeigt. Einerseits prĂ€sentierten sich die Star-Architekten, die den Computer als Gestaltungsmittel nutzen und erstaunlicherweise damit alle bei einer Formsprache der âBlob-Architekturâ landen (Marcos Novak, Hani Rashid, Lars Spuybroek u.a.) und andererseits Architekten und Entwickler, welche den Computer zur kooperativen Neuorganisation von GebĂ€uden (Norbert Streitz) oder InformationsrĂ€umen (Gerhard Schmitt, Maia Engeli, Elisabeth Sikiaridi, Frans Vogelaar) verwenden. StĂ€dtebauliche, verkehrs- und landschaftsplanerische Projekte oder Untersuchungen wurden vorgestellt von Peter Trummer und Peter Haimerl.
Als Vertreter der Theorie der Theorie traten William Mitchell, Jean Attali, Derick de Kerkhove, Andrew Benjamin auf, die mit ihren Untersuchungen eher die gegenwÀrtigen gesellschaftlichen und architektonischen Bewegungen kontextualisierten und nachvollzogen, anstatt neue Impulse zu geben.
Zu hören und sehen waren in Basel also die etablierten Stars in einer wohlabgestimmten Auswahl; neue Projekte und âRandgruppenâ wie Frauen waren unterreprĂ€sentiert.
Deutlich bei dieser Veranstaltung wurde einmal mehr das gegenwĂ€rtige Fehlen einer Architekturtheorie und/oder Architekturkritik. Vorherrschend war vielmehr der Habitus von Architekten, durch selbstgemachte Theorien EntwĂŒrfe aufzumöbeln oder EntwĂŒrfe oberflĂ€chlich mit Hilfe von halbverstandenen Modellen aus der Biologie, Philosophie, Mathematik oder Soziologie abzuleiten ohne dabei prĂ€zise oder wissenschaftlich zu bleiben. Obwohl die Diskussionen wĂ€hrend der Veranstaltung rege waren, konnte man den Austausch zwischen dem praktischen und dem theoretischen Lager nicht als fruchtbar bezeichnen. Denn von Seite der Theoretiker waren die Untersuchungen entweder zu allgemein fĂŒr die konkrete Fragestellung oder zu abstrakt fĂŒr die Architekten selbst. Lediglich eine kluge Moderation, wie sie beispielsweise Andreas Ruby ausgezeichnet gelungen ist, konnte helfen, das GesprĂ€ch am vorgesehenen Thema entlang zu fĂŒhren.“
Susanne Schumacher
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