hybrider Raum @ Arch Komm

Der öffentliche Raum der Stadt löst sich auf und geht in die expandierenden medialen Netze über:

Die traditionellen Funktionen des öffentlichen städtischen Raumes werden zusehends von Telekommunikationsnetzen und Massenmedien übernommen, deren Ein- und Ausgabegeräte sich fast ausschließlich in privaten Räumen befinden

Veröffentlichung hybrider Raum @ Arch-Komm, Köln, Deutschland, 1. Mai 1999

hybrider
Raum

Der öffentliche Raum der Stadt löst sich auf und geht in die expandierenden medialen Netze über: Die traditionellen Funktionen des öffentlichen städtischen Raumes werden zusehends von Telekommunikationsnetzen und Massenmedien übernommen, deren Ein- und Ausgabegeräte sich fast ausschließlich in privaten Räumen befinden.

Diese Privatisierung der Kommunikation bringt eine zunehmende soziale Spaltung zwischen den Gruppen der „Vernetzten“ und den von der medialen gesellschaftlichen Kommunikation Ausgeschlossenen mit sich. So entsteht derzeit eine Spaltung zwischen den exklusiven (globalen) Mediennetzen und den sich desintegrierenden (lokalen) städtischen Agglomerationen.
Diese Spaltung und Polarität zwischen dem „globalen“ und dem „lokalen“ Raum nimmt zu, wobei die Machtstrukturen des „Globalen“ die lokalen Kräfte überlagern. Der „lokale“ und privatisierte (Zufluchts-)Ort, ob Ghetto oder Oberschichtsreservat, ohne funktionierendes(Kommunikations-)System der Vermittlung, verliert mehr und mehr an Bedeutung.

Projekt Das Projekt „public media urban Interfaces“ entwickelt ein Szenario für das Zusammenspiel von Massenmedien und urbanem Raum, um die Bedeutung des öffentlichen Raumes zu stärken: Es schlägt öffentliche Schnittstellen zwischen dem urbanen und dem medialen Raum vor.
Es besetzt dadurch das Vakuum zwischen dem „Lokalen“ und dem „Globalen“ und entfaltet diesen freien Raum, indem es lokale Ereignisse beschleunigt und sie mit dem globalen Netz kollidieren läßt. Lokale (Nachbarschafts-) Einrichtungen in Form von kombiniert analog- digitalen Umgebungen („environments“) machen es möglich, an einem öffentlichen Ort interaktiv „messages“ zu produzieren und nach einem dynamischen Redaktions- und Sendesystem zu verbreiten.

Diese vorgeschlagenen räumlichen Schnittstellen, eingebettet im öffentlichen Raum der Stadt, ermöglichen jedem den Zugang zum globalen „Mediendorf“, um zu senden und Einfluß zu nehmen – direkt von der lokalen Nachbarschaft aus.
Die Media Babies fungieren als räumliche Schnittstellen auf lokaler Nachbarschaftsbasis („Media Babies in Deinem Waschsalon“) während die Bridge Clubs größere Massenveranstaltungsräume von gesamtstädtischer Bedeutung darstellen. Ein spezifisches Protokoll der räumlich abgestuften Verbreitung der „messages“ (Air TimeSpace for All Smart Card) unterstützt die öffentliche dynamische Struktur des Netzwerks und stattet das Kommunikationssystem mit einer selbstorganisierten Heterarchie aus.

Vision Das Ergebnis des Zusammenwachsens von urbanem und medialem Raum, ob Media Baby oder Bridge Club , ist ein Zwitter: ein ambivalenter Raum, der zugleich analog und digital, virtuell und materiell, haptisch und abstrakt ist und am medialen (globalen) und urbanen (lokalen) Raum gleichzeitig teilhat und zwischen ihnen vermittelt. Das Projekt veranschaulicht damit ein neues interdisziplinäres Entwurfsfeld, in dem das dynamische Zusammenspiel von Stadtplanung und dem Raum der Massenmedien und der Kommunikationsnetze untersucht wird. „Soft Urbanism“ beschäftigt sich mit den „weichen“ („soften“) Aspekten der Stadt und interveniert auf der Ebene der Infrastruktur: durch die Bereitstellung von Netzwerken und Schnittstellen werden neue Möglichkeitsfelder für Gestaltung erschlossen und Rahmen für Prozesse der Selbstorganisation entwickelt. Deutsche Erstveröffentlichung in der Publikation des Internationalen Forums für Gestaltung Ulm, Jahreskongreß 1996.

Studenten
Projekte

Die Projekte der Studenten und Absolventen erforschen und illustrieren experimentell mediale Raumgestaltungen sowie deren Wechselwirkung auf den urbanen Raum.

Kontrollorgan, Carsten Becker
Im täglichen Leben hinterlassen wir eine immer größer werdende Fülle von elektronischen Spuren. Überall werden persönlichste Daten erzeugt. Abgelöst von uns fließen diese Daten durch elektronische Netze und Datenbanken. Kontrollorgan gibt unserem unendlich fragmentierten Datenschatten eine Gestalt. Das Programm verknüpft die Datenschatten einer Person, analysiert sie und generiert aus ihnen eine drei-dimensionale Gestalt. Kontrollorgan spiegelt online unseren Datenschatten und fokussiert ihn zum Datenportrait. Jede Person erzeugt durch ihr Leben eine individuell andere Gestalt. Welche Beziehungen werden zwischen unserem digitalen AlterEgo und uns entstehen?

Trace-pattern, Ursula Damm
Die Installation beobachtet die Bewegungen von Menschen auf öffentlichen Plätzen und ihre Interaktionen bei spontanen Begegnungen. Geometrische Interpretationen hinterfragen an Orten der Konzentration typische Raumverhältnisse (Territorialverhalten), machen diese visuell und akustisch wahrnehmbar. Eine Überkopfkamera erfaßt die Bewegungsspuren und Aufenthaltsorte (Kreise) — ein Liniengeflecht, aus dem virtuelle Landschaften gerechnet werden können. Sie sind Abbild möglicher Architektur und hinterfragen die Struktur der Stadt und die Gestalt der Stadtpläne.

Das Projekt befasst sich mit der Diskrepanz zwischen alltäglichem Lebensumfeld und imaginierten „durch-lebten inneren Räumen“. Es zielt auf eine Architektur, die eine anpassungsfähige Bauweise entwickeln soll. Ansatzpunkt ist das Bewegungsverhalten. Aus einfachen, zu beobachtenden Größen, sollen Bezüge ab-geleitet werden, die zu einer Modellierung von Eigenschaften als Ergebnis von Interaktion führen. Menschen im Raum sind demnach autonome Inseln; „Feldmodelle“ von Bewegung, Rauminanspruchnahme; Kommunikation und Energie werden erzeugt.

Superkollektor, Felix Hahn, Holger Reckter
Deine, zweite Chance Internet , Liebste Der Superkollektor thematisiert die erste Resignation mit dem größten Datencontainer der Welt. Gleichzeitig wird versucht eine neue Perspektive aufzuzeigen und den durch das Browserfenster beschränkten Blick auf das Internet zu erweitern. Der Superkollektor ist ein Softwareprogramm, das sich selbständig anhand eines Leitbegriffs durch das Internet bewegt. Auf seinem Weg sammelt es Klangdateien, Bilddateien und Strukturdaten, die mit dem Begriff in Verbindung ste-hen. Die gesammelten Daten ergeben einen kontinuierlichen Fluß an Klängen und Bildern, die über den Lautsprecher und den Monitor der Installation wahrnehmbar sind. Aufgrund der inhaltlichen Verwandtschaft ergibt sich eine Datenlandschaft: Rauschen der Beliebigkeit durchsetzt mit Informationsinseln aber auch grotesken Ton- und Bildelementen.

electric shroom, Antenne Springborn & Klaus Gasteier
„eine audiovisuelle multiuser ambience skulptur“ Der shroom ist ein Interface für Bilder & Klänge in einem chill environment, zugänglich für mehrere user. Auf einem pilzähnlichen Gewächs tanzen Formen und Farben umher, verschmelzen miteinander und pulsieren zum Rhythmus der Klänge, die sie repräsentieren. Die zur Verfügung stehenden Pools von audiovisuellem Material wer-den von den Besuchern gemeinsam durch surft: farbige icons auf drei handtellergroßen Tastern, sind das Instrument, mit dem die BildKlangcollage navigiert werden kann. Die Formen reagieren auf die Dynamik des jeweiligen Sounds. Vier getrennte Soundkanäle bieten surround-sound, so daß räumlich wahrgenommen werden kann, welcher Kanal gerade beeinflußt wurde.

OOZY EZINE THE TRAVELING MAGAZINE, Iris Sofka
Visionen eines nutzergenerierten Magazins. Elektronische Layer können eine architektonische Situation bilden. Dies ist ein Raum, der durch Informationen geschaffen wird, daher ist er temporär und verändert sich ständig.“ Eine experimentelle Arbeit zu urbanen Netzen in Verbindung zu einem elektronischen Magazin im Internet. Das globale Wuchern im Internet macht es zu einem digitalen Misthaufen. Wie kann man seine Ressourcen effektiver nutzen, unterschiedliche Zugänge ermöglichen?

LIQUID COLUMN / SOUAD THE NEWSBUS Das fahrende elektronische Magazin ist in einem Bus untergebracht und via Internet erreichbar. Von diesem mobilen Informationskontainer aus werden in der Stadt und Landschaft installierte Litfasssäulen bespielt. Dort kann die Information gelesen, aktualisiert, verlinkt, heruntergeladen, verändert werden.

zwei Objekte/zwei Subjekte, Andreas Menn
Die „Head Mounted Systems“ werden von zwei Personen getragen. Das System ist ortsunabhängig einsetzbar. Zusätzlich existiert ein Medien-Beutel, den man sich bequem über die Schulter hängen kann. „zwei Objekte/zwei Subjekte“ bilden ein gemeinsames Kommunikationssystem. Interface ist jeweils die andere Person. Durch den Perspektivenwechsel und den Verlust der Kontrolle ihrer visuellen Orientierung erleben sie sich selbst und den sie umgebenden Raum als mediale Konstruktion – Simulation eines virtuellen Raumes.

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